7. März 2017: Immer mehr junge Erwachsene leiden unter Kopfschmerzen!

Am 20.2.2017 stellte die BARMER Krankenkasse den Arztreport 2017 vor. Schwerpunkt der Analyse waren Kopfschmerzen. Die Krankenkasse betreut 10,3% aller Versicherten in Deutschland und kann aufgrund ihrer Daten eine solide Hochrechnung für die Gesamtbevölkerung vornehmen. Im Verlauf von 11 Jahren waren rund 50% der Bevölkerung wegen Kopfschmerz mindestens einmal in ärztlicher Behandlung. Das belegt, wie häufig und wie beeinträchtigend Kopfschmerzen sind und steht im Einklang mit epidemiologischen Daten. Alarmierend sind die Daten zur Altersgruppe der 18-27-Jährigen: die Zahl der Kopfschmerzbetroffenen ist bei Vergleich der Jahre 2005 und 2015 um 42% angestiegen! Anders als in epidemiologischen Studien wurde jedoch kein Anstieg der Kopfschmerzdiagnosen bei Kindern nachgewiesen. Man kann nur spekulieren, worauf diese Diskrepanz zur beruht. Möglicherweise ist die Versorgungslandschaft für Kinder mit Kopfschmerzen bereits so ausgelastet, dass keine Zuwächse erfasst werden.

Bei der Interpretation der Daten muss bedacht werden, dass nur die Betroffenen von der Krankenkasse erfasst werden, die tatsächlich primär wegen Kopfschmerzen zu Lasten der Krankenkasse ärztliche Hilfe in Anspruch nahmen. Patienten, bei denen Kopfschmerzen nicht im Fokus standen, wurden nicht erfasst, ebenso nicht die weniger schwer Betroffenen, die sich ausschließlich mit Selbstmedikation aus der Apotheke versorgen oder schwer Betroffene, die im Gesundheitssystem keine Hilfe mehr erwarten, weil sie annehmen, schon alles versucht zu haben. Die Zahl der von Kopfschmerz Betroffenen ist also in der Realität wohl deutlich höher.

Nehmen Kopfschmerzerkrankungen wirklich zu, oder spiegeln die Ergebnisse nur eine vermehrte Inanspruchnahme des Gesundheitswesens wider? Die Daten erlauben hier keine Differenzierung. Aus der Sicht der DMKG ist jedoch bedenklich, dass die Zahl der Verordnungen Migräne-spezifischer Akuttherapeutika (Triptane) und die Rate der Betroffenen, die eine Prophylaxe erhalten, immer noch gering sind und nicht dem Anstieg der Kopfschmerzdiagnosen entsprechen. Selbst wenn die Daten „nur“ eine vermehrte Inanspruchnahme des Gesundheitswesens belegen, sie lassen keine Verbesserung der Kopfschmerz-spezifischen Therapie erkennen.

Der Report zeigt auch, dass Kopfschmerzerkrankungen häufig mit psychischen Begleitdiagnosen einhergehen. Dies entspricht nicht nur der der klinischen Erfahrung und wissenschaftlichen Daten, sondern belegt die Qualität der Datenauswertung der BARMER. Aus Sicht der Betroffenen mit Kopfschmerzen und der behandelnden Ärzte ist es sehr zu begrüßen, dass sich eine große Krankenkasse intensiv mit dem Thema Kopfschmerz beschäftigt und aus ihren Abrechnungsdaten Hochrechnungen erstellt. Die Daten zeigen, dass die Behandlung zu mehr als 80% beim Hausarzt erfolgt, gefolgt von Behandlung bei Nervenärzten und Neurologen. Die Aktivitäten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) für eine verbesserte Weiterbildung von Haus- und Fachärzten verbunden mit der Möglichkeit ein Zertifikat zu Kopfschmerzspezifischer Fortbildung zu erwerben und künftig auch Praxen, Kopfschmerzambulanzen und Kliniken zu zertifizieren, gehen in die richtige Richtung. Um eine flächendeckend verbesserte Behandlung von Kopfschmerzpatienten zu gewährleisten, plädiert die DMKG dafür, die Versorgungsstrukturen für Kopfschmerzpatienten auf allen Ebenen (vom Hausarzt über den Facharzt bis hin zum spezialisierten Zentrum) zu stärken. Dazu braucht es nicht nur die Unterstützung von den Krankenkassen, sondern ganz besonders auch von den politischen Entscheidungsträgern, die neben der Primärversorgung auch indirekten Kosten und Folgen einer unzureichenden Versorgung im Blick haben müssen.

Ansprechpartner:
Priv.-Doz. Dr. med. Charly Gaul
Generalsekretär der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
Migräne- und Kopfschmerzklinik Königstein
Ölmühlweg 31
D-61462 Königstein im Taunus
Tel.: +49 (0) 6174-29040
Fax: +49 (0) 6174-2904100
info@dmkg.de

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