Wie werden Clusterkopfschmerz und Trigeminoautonome-Kopfschmerzen behandelt?

Definition und Klinik
Nach dem aktuellen Wissensstand gehören zu den trigeminoautonomen Kopfschmerzen (Headache Classification Committee of the International Headache Society 2018):

  • der episodische und chronische Clusterkopfschmerz (CK)
  • die episodische und chronische paroxysmale Hemikranie (CPH)
  • das SUNCT-Syndrom (short-lasting unilateral neuralgiform headache with conjunctival injection and tearing)
  • Hemicrania continua

Sie unterscheiden sich in Dauer, Frequenz, Rhythmik und Intensität der Schmerzattacken, autonome Begleitsymptome treten mehr oder weniger stark ausgeprägt auf. Im Gegensatz zu Cluster Kopfschmerz sprechen die chronisch-paroxysmale Hemikranie und die episodische paroxysmale Hemikranie sprechen fast ausschließlich auf Indometacin an.

Episodischer und chronischer Clusterkopfschmerz (IHS 3.1)
Der Clusterkopfschmerz (CK) ist klinisch definiert als ein attackenartig auftretender, streng einseitiger, extremster Kopfschmerz mit Schmerzmaximum hinter dem Auge, der Männer und Frauen im Verhältnis 3:1 betrifft. Obligat ist das Auftreten von bestimmten Symptomen (kleiner werdendes Auge, Tränen des Auges, laufende Nase oder blockierte Nase) gleichzeitig und nur auf der Seite des Schmerzes. Die Attacken treten 1 mal bis zu 8-mal täglich auf, klassischerweise mit einer nächtlichen Häufung, und dauern zwischen 15 und 180 Minuten. Typischerweise berichten die Patienten eine Bewegungsunruhe während der Attacken. Die Attacken treten oft zur gleichen Stunde im Tagesverlauf auf, gehäuft 1–2 Stunden nach dem Einschlafen oder in den frühen Morgenstunden.

Therapie Medikamentös
Prinzipiell wird zwischen der Therapie der Einzelattacke und der Prophylaxe unterschieden.

Attackenkupierung

  • Inhalation von 100% Sauerstoff über Gesichtsmaske (12 l/min über 15–20 min)
  • 6 mg Sumatriptan s.c.
  • Zolmitriptan Nasenspray 5-10 mg bei langen Attacken
  • 20 mg Sumatriptan nasal
  • intranasale Applikation von Lidocain 4%

Die topische Anwendung von Lokalanästhetika wie auch die von Sauerstoff hilft nur einem Teil der Patienten und auch nicht immer. Siehe hierzu extra Seiten für die Anwendung (freundliche Hilfe von CK-Wissen www.ck-wissen.de) Im Übrigen ist Sumatriptan Mittel der Wahl, da es als Spritze direkt und unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes verabreicht werden kann und eine als Tablette zugeführte Medikation wegen der kurzen Attackendauer von 15–180 Minuten zu spät wirkt. Es gibt es Hinweise, dass Zolmitriptan Nasenspray fast genauso schnell wirkt. Zolmitriptan Nasenspray befindet sich im Zulassungsverfahren.

Prophylaxe

  • Verapamil 3–4 x 80; steigern bis 480 mg/d, ggf. weiter steigern (vorher EKG nötig)
  • Kortikoide (Prednisolon) 100–250 mg initial für 2–5 Tage, dann individuell abdosieren
  • Lithium 600–1500 mg/d (Serumspiegel 0,6–0,8 mml/l)
  • Topiramat (100–200 mg/d), in Einzelfällen sind höhere Dosierungen nötig

Verapamil ist erfunden worden um das Herz langsamer zu machen und den Blutdruck zu senken. Daraus ergeben sich auch die nebenwirkungen. in der Dosierung von 3–4 x 80 mg täglich ist Verapamil das Mittel der ersten Wahl bei episodischem und chronischem Clusterkopfschmerz. In Abhängigkeit vom Therapieerfolg muss manchmal von erfahrenen Spezialisten unter kardialer Kontrolle auch höher dosiert werden. Kortikosteroide werden häufig zusätzlich eingesetzt, z.B. im Sinne einer überbrückenden Therapie bei langsamem Wirkungseintritt von Verapamil. Einzelberichte beschreiben einen positiven Effekt von Topiramat (Ein Medikament gegen Epilepsien). Im Gegensatz zu anderen trigeminoautonomen Kopfschmerzen wirkt Indometacin nicht. Insbesondere die Therapie des chronischen Clusterkopfschmerzes ist schwierig und benötigt häufig auch Kombinationen der oben genannten Medikamente und einen erfahrenen Arzt. In diesem Fall ist meist eine Überweisung zu einer spezialisierten Kopfschmerzambulanz nötig.

Operative Verfahren
Erst nach Versagen aller medikamentösen Maßnahmen und sicherem Ausschluss eines symptomatischen CK sind in absoluten Ausnahmefällen operative Verfahren zu erwägen. Der Grund liegt darin, dass sie offenbar nicht immer und nicht dauerhaft eine Besserung der Symptomatik bewirken, jedoch die Gefahr einer zusätzlich und dann künstlich hervorgerufenen Neuralgie des N. trigeminus oder einer anderen Schmerzart bergen. In einigen (wenigen) Fällen ist die unspezifische Blockade des N. occipitalis major erfolgreich (Ambrosini et al. 2005) und daher auf jeden Fall vor einer operativen Therapie zu versuchen. Von neurodestruierenden Verfahren wird abgeraten.

Episodische und chronische paroxysmale Hemikranie (CPH; IHS 3.2)
Klinik
Das plötzliche Auftreten von attackenartigen Schmerzepsioden (paroxysmal), der Schmerzcharakter, die Intensität und die Lokalisation sind bei der paroxysmalen Hemikranie dem Clusterkopfschmerz sehr ähnlich. Ebenso lassen sich einzelne Schmerzepisoden nicht selten durch Triggerfaktoren wie Alkohol auslösen und werden von Tränenlaufen oder Rötung der Augen begleitet. Wichtige Unterschiede zum Clusterkopfschmerz sind dagegen die kürzere Dauer einzelner Attacken (2–45 min) und die höhere Häufigkeit (5–40, durchschnittlich 10 Attacken täglich). Darüber hinaus sind die autonomen Begleitsymptome oftmals weniger stark ausgeprägt.

Therapie
Indometacin ist eigentlich ein Rheumamittel und Schmerzmittel und wird in 3 x 50 mg am Tag, ggf. erhöhen auf 200 mg, immer unter Magenschutz dosiert . Indometacin wird auf drei Tagesdosen, nach den Mahlzeiten eingenommen, verteilt. Selten benötigen einige Patienten höhere Dosierungen bis zu 300 mg/d (wegen der kurzen Halbwertszeit von 4 Stunden häufig und kleinere Dosen einsetzen). Alle Patienten sollten insbesondere aufgrund der häufig erforderlichen Dauertherapie einen Magenschutz (Medikation) kombinieren. Für gewöhnlich wird nach Sistieren der Schmerzen die Dosis reduziert, bis es zu einem Wiederauftreten der Schmerzen kommt, so kann eine sog. Erhaltungsdosis gefunden werden.

Short-lasting uniform neuralgiform headache with conjunctival injection and tearing (SUNCT; IHS 3.3)
Klinik
Die Bezeichnung dieses Kopfschmerzsyndroms beschreiben bereits die wesentlichen klinischen Charakteristika. Patienten mit der Diagnose eines SUNCT klagen über extrem kurz dauernde (15 sec-2 min) einschießende Attacken neuralgiformen Schmerzcharakters heftigster und nicht selten vernichtender Intensität. Die Attacken treten durchschnittlich bis zu 60-mal täglich auf (gelegentlich sogar bis zu 200-mal täglich) und sind streng einseitig am oder im Auge. Wie alle TAKs geht das SUNCT mit den oben beschriebenen Begleitsymptomen einher, jedoch beschränken sie sich im Allgemeinen auf die Rötung des Auges und das ausgeprägte Tränenlaufen. Der Unterschied zum Clusterkopfschmerz ist die wesentlich höhere Attackenfrequenz (bis 200x am Tag), die kürzere Dauer einzelner Schmerzattacken (Sekunden bis selten Minuten) und der neuralgiforme Charakter der Schmerzen.

Therapie
Studien zur Behandelbarkeit existieren nicht, lediglich einzelne Fallberichte in der Literatur berichten vereinzelte Erfolge durch die Gabe von bestimmten Medikamenten gegen Epilepsie, z.B. Lamotrigin, Gabapentin und Topiramat. In letzter Zeit häufen sich Einzelfallbeschreibungen zur Wirksamkeit von Lamotrigin, so dass ein Therapieversuch mit dieser Substanz vielversprechend erscheint

Therapie   Clusterkopfschmerz   Paroxysmale Hemikranie   SUNCT Syndrom
Akut            
1. Wahl   Inhalation Sauerstoff (­­)
Sumatriptan (Imigran®) 6mg s.c. (­­)
Zolmitriptan (Zomig®) 5mg nasal(­)
  keine wirksame Therapie bekannt   keine wirksame Therapie bekannt
2. Wahl   Installation von Lidocain
Nasenspray
bei langen Attacken:
Sumatrptan nasal ()
oder Zolmitriptan 5 mg p.o.
       
Prophylaxe
1. Wahl   Verapamil (z.B: Isoptin®)
bis 560mg (­­)
Kortikoide 100mg (­­), evt.
höher dosiert
  Indometacin
100-200mg ()
  Lamotrigin (Lamictal®)
100-200mg (­)
2. Wahl   [Lithium (z.B. Quilonum®) nach
Spiegel(­)
Topiramat (Topamax Migräne ®) 100-200mg(­)
      [Gabapentin (Neurontin®) 1800-2400mg (­)
Andere            
    Valproinsäure (z.B. Ergenyl chrono® )(­)
DHE-i.v. über Perfusor (­)
Pizotifen 3x0.73mg (­)
Capsaicinsalbe topisch in das zum Schmerz ipsilaterale Nasenloch (­)
  Verapamil (­) Acetazolamid (­)
COX-Hemmer ()
  Valproinsäure (­) Topiramat (­)

 

Literatur

  • Ambrosini A, Vandenheede M, Rossi P, Aloj F, Sauli E, Pierelli F, Schoenen J: Suboccipital injection with a mixture of rapid- and long-acting steroids in cluster headache: a double-blind placebo-controlled study. Pain 2005; 118(1-2):92-6.

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  • Leone, M., A. Franzini, G. Broggi, G. Bussone (2003): Hypothalamic deep brain stimulation for intractable chronic cluster headache: a 3-year follow-up. Neurol. Sci. 24, Suppl. 2, S143–145.

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  • May, A., S. Evers, A. Straube, V. Pfaffenrath, H. Diener (2004): Therapie und Prophylaxe von Cluster Kopfschmerzen und anderen Trigemino-Autonomen Kopfschmerzen. Überarbeitete Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. Nervenheilkunde 7.

  • Pareja, J. A., A. B. Caminero, O. Sjaastad (2002): SUNCT Syndrome: diagnosis and treatment. CNS Drugs 16, 373–383.

  • Sjaastad, O. (ed.; 1992): Cluster Headache Syndrome. Vol. 23. W. B. Saunders, London.

  • Sjaastad, O., L. J. Stovne, A. Stolt Nielsen, F. Antonaci, T. A. Fredriksen (1995): CPH and hemicrania continua: requirements of high indomethacin dosages – an ominous sign? Headache 35, 363–367.

Kontaktadresse: Prof. Dr. med. Arne May

 

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